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Im Rahmen des diesjährigen Ludwigsburger Bezirkstags in Zaisersweiher wurde Matthias Hiller vom TTV Erdmannhausen für sein 20-jähriges ehrenamtliches Engagement auf Bezirks- und Verbandsebene mit der TTVWH-Ehrennadel in Gold ausgezeichnet. Besonders bemerkenswert ist dabei die Tatsache, dass der Erdmannhäuser erst 35 Jahre alt ist. Bereits mit 15 hatte Hiller ein Ehrenamt im Bezirk Schwarzwald übernommen und ist nun höchstwahrscheinlich einer der jüngsten Träger der goldenen Ehrennadel.

Die Liste der bisherigen Tätigkeiten des gebürtigen Nagolders ist ebenso lang wie beeindruckend: Jugend-Klassenleiter im Bezirk Schwarzwald (1998-2004), Ressortleiter Mannschaftssport Jugend im Bezirk Schwarzwald (1999-2005), lizenzierter Nachwuchstrainer in vier verschiedenen Vereinen (CVJM Grüntal, HC Haiterbach, TTG Marbach/Rielingshausen, TTV Erdmannhausen), Ressortleiter Jugendsport im TTVWH (2013-2015) etc. etc. In all den Jahren hat er viel bewegt, so wurden zum Beispiel auf seine Initiative hin Maßnahmen zur Stärkung des Mädchen-Mannschaftssports im TTVWH umgesetzt. Hierunter fällt unter anderem die Regelung, dass ab zwei Mädchen im Verein ein Mädchenteam gemeldet werden muss. Die Maßnahmen zeigten Erfolg, da in der Folge ein erkennbarer Anstieg der Mannschaftszahlen bei den Mädchen zu verzeichnen war. Aktuell ist er sowohl Ressortleiter Mannschaftssport Jugend als auch Klassenleiter im Bezirk Ludwigsburg sowie Jugendleiter beim TTV Erdmannhausen. Anhand dieser Auszüge aus seiner Tischtennis-Vita ist leicht ersichtlich, dass das Herz von Matthias Hiller für den schnellsten Rückschlagsport der Welt schlägt. Anlässlich seiner Ehrung berichtet Hiller über seine Erlebnisse und Erkenntnisse aus zwei Jahrzehnten Tischtennis:

Wie kam es, dass Sie bereits mit 15 Jahren ehrenamtlich aktiv wurden?

Matthias Hiller: In meinem ersten Verein sah man Jugendarbeit eher als lästiges Beiwerk an. Jede Woche leitete jemand anderes das Training, ab und zu fiel es aus und unsere Mannschaft verlor Spiele kampflos, weil wir von den Spielen schlicht nichts wussten. Daraufhin wechselte ich den Verein und wurde vom dortigen Jugendleiter für den Tischtennissport begeistert. Es wurde viel geboten und wir besuchten Turniere in Nah und Fern. Er fragte mich recht bald, ob ich mir vorstellen könnte, einen Klassenleiterposten zu übernehmen. Damit fing alles an.

Was waren damals für Sie die größten Herausforderungen?

Am Anfang war es komisch, mit gerade einmal 15 Jahren Aufstellungsformulare zu unterschreiben, welche die Vereine bei mir einreichten. Damals lief ja noch alles über den Postweg ab. Dann musste ich Strafen wegen Nichtantretens aussprechen. So etwas gegenüber erfahrenen Erwachsenen durchzusetzen, war nicht immer einfach.

Warum haben Sie damals beschlossen, die eigene Tischtenniskarriere zu Gunsten der Jugendarbeit hinten an zu stellen?

Trotz meines überschaubaren Talents hat es mir immer viel Spaß gemacht, weil es eine Sportart ist, die neben den technischen Voraussetzungen auch Erfolge über Taktik und Ausdauer ermöglicht. Das fasziniert mich seit je her. Zum Ende meiner Jugendzeit wurde mir klar, dass es egal ist, ob ich Kreisklasse A, B oder C spiele. Da in meinem damaligen Verein der Jugendleiter überdurchschnittlich engagiert war und auch nur selten spielte, war dies für mich dann auch eine ernsthafte Option, für die ich mich schließlich entschied.

In 20 Jahren Ehrenamt erlebt man ja so Einiges. Welche Erlebnisse sind Ihnen am Besten in Erinnerung geblieben?

Was mich immer wieder erfreut, ist das Funkeln in den Augen der großen und kleinen Kinder, wenn wir gemeinsam etwas erreichen, sei es ein gelungener Schlag oder ein wichtiger Sieg. Im Hinblick auf konkrete sportliche Erfolge erinnere ich mich besonders an den Aufstieg unseres Mädchenteams in die Verbandsklasse 2017 sowie den Turniersieg unseres Talents Sabrina Stickel mit ihrer Partnerin Naomi Tamasan in Hasselt 2016. Da kriege ich heute noch Gänsehaut, wenn ich daran denke.

Wer sind Ihre Vorbilder für die Jugendarbeit?

Zunächst einmal Wolfgang Hartmann vom CVJM Grüntal, der Jugendleiter aus meinem zweiten Verein. Er lebt Tischtennis schon viele Jahrzehnte und scheut keinen Aufwand, um den Sport voranzubringen. Außerdem der inzwischen verstorbene Hans-Jörg Schardt vom VfL Nagold, der selbst mit 90 Jahren noch das Jugendtraining leitete und eine Damenmannschaft in der Verbandsklasse betreute. Von ihm habe ich viele nützliche Tipps bekommen, um trotz des Altersunterschieds zwischen Spielern und Trainern den „Draht“ zu den Jugendlichen zu bewahren. Er hat mich auch dazu ermutigt, den Trainerschein zu machen.

Sie haben bisher als Trainer in jedem ihrer Vereine einen Jugendboom ausgelöst. Gibt es dafür ein Patentrezept?

Letztlich entscheidet der Spaß am Sport darüber, ob Kinder dabeibleiben.  Erfolg alleine reicht in der Regel nicht aus, das ist zumindest meine Erfahrung. Der TTV Erdmannhausen nimmt zum Beispiel seit 2014 jährlich an einem mehrtägigen, internationalen Turnier im belgischen Hasselt teil. Dort wird einerseits viel Tischtennis gespielt, andererseits ist es aber auch ein unterhaltsamer Ausflug. Die Wirkung solcher Aktionen ist unverkennbar, da die Kids bereits während der Rückfahrt fragen, ob sie nächstes Jahr wieder mit nach Hasselt dürfen. Insgesamt ist viel Zeit und Arbeit erforderlich. Man muss sich abheben von den anderen Sportarten vor Ort, muss besondere Dinge machen. Und man sollte immer ein offenes Ohr für die Jugendlichen haben.

Warum schaffen es große Vereine nicht immer, kontinuierlich gute Jugendarbeit zu leisten?

Ich kann da jetzt nur für uns sprechen. Die Voraussetzungen sind in Erdmannhausen durch die Unterstützung der Gemeinde sehr gut. Mein Dank gilt hier stellvertretend Herrn Immel für die Verwaltung. Dazu kommt die beinahe uneingeschränkte Handlungsfreiheit, die mir vom Vereinsvorstand gewährt wird. Entscheidend sind aber die Helfer im Großen und Kleinen – in erster Linie Sabine Stickel und Michael Ruddat sowie die Jungtrainer Sabrina Stickel, Michel Bauer und David Adkins. Es mag bei uns manchmal nach einer One-Man-Show aussehen, aber in Wahrheit sind wir ein Team, bei dem jeder seinen Anteil am Erfolg hat. Das ist meiner Meinung nach der entscheidende Faktor.

Was wünschen Sie sich zukünftig für die Nachwuchsförderung im Bezirk Ludwigsburg?

Mehr Vereine sollten sich aktiv in der Jugendarbeit engagieren. Dazu sollte der Verband oder der Bezirk falls nötig auch die nötigen Anreize schaffen oder Daumenschrauben ansetzen. Zum Beispiel könnte es jährlich einen Preis für denjenigen Verein geben, der in der letzten Saison die meisten Mädchen in den Spielbetrieb einführen konnte. Oder man könnte Damenmannschaften das Aufstiegsrecht nur dann gewähren, wenn der Verein auch Mädchenteams am Spielbetrieb teilnehmen lässt. Hier gibt es viele Instrumente, man muss sich nur trauen, sie auch einzusetzen.

Fragen von Michael Ruddat